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Tag 49: Wie erklären Sie Ihren Freunden und Bekannten die Verhaltensänderungen Ihres an Demenz erkrankten Angehörigen?

  • leyroutz
  • 14. März
  • 3 Min. Lesezeit

Wenn ein Angehöriger an Demenz erkrankt, verändert sich nicht nur sein Verhalten, sondern oft auch das soziale Umfeld. Freunde und Bekannte bemerken diese Veränderungen, reagieren verunsichert oder ziehen sich zurück. Als Angehörige stehen wir vor der Herausforderung, diese Verhaltensänderungen zu erklären – eine Aufgabe, die sowohl emotional herausfordernd als auch fachlich anspruchsvoll ist.


Die emotionale Herausforderung des Erklärens

Als ich zum ersten Mal mit Bekannten über die Diagnose meiner Mutter sprechen musste, war ich selbst noch mitten im Verarbeitungsprozess. Ich erkannte den Menschen, den ich mein Leben lang kannte, manchmal selbst nicht wieder. Wie sollte ich anderen erklären, warum meine früher so gesellige Mutter plötzlich bei Besuchen unruhig wurde oder dieselbe Geschichte dreimal erzählte?

Eines habe ich in meiner Arbeit mit betroffenen Familien gelernt: Offenheit ist der Schlüssel. Wenn wir versuchen, die Verhaltensänderungen zu kaschieren oder zu entschuldigen, schaffen wir eine Atmosphäre der Anspannung, die auch der erkrankte Mensch spürt. Stattdessen hilft es, die eigene Verletzlichkeit zu zeigen und ehrlich zu sein: "Ja, meine Mutter hat sich verändert. Es ist Demenz, und wir lernen gemeinsam, damit umzugehen."


Das Gehirn verstehen, um Verhalten zu erklären

Fachlich betrachtet ist es hilfreich, Familienmitgliedern, Freunden und Bekannten ein grundlegendes Verständnis davon zu vermitteln, was im Gehirn eines Menschen mit Demenz passiert:

"Stell dir vor, in deinem Gehirn gibt es unzählige Verbindungen – wie ein komplexes Straßennetz. Bei einer Demenz werden diese Verbindungen nach und nach unterbrochen. Das bedeutet, dass Informationen nicht mehr so fließen können wie früher. Wenn mein Vater dir dreimal dieselbe Frage stellt, dann nicht, weil er dir nicht zuhört, sondern die Information nicht mehr speichern kann."

Diese vereinfachte Erklärung hilft Außenstehenden, Verhaltensauffälligkeiten nicht persönlich zu nehmen, sondern als Teil der Erkrankung zu verstehen.


Konkrete Tipps für das Gespräch mit Bekannten

  1. Wählen Sie den richtigen Moment: Ein entspanntes Gespräch unter vier Augen ist oft besser als eine spontane Erklärung in der Gruppe.

  2. Dosieren Sie die Informationen: Nicht jeder braucht alle medizinischen Details. Konzentrieren Sie sich auf das, was für den Umgang wichtig ist.

  3. Geben Sie konkrete Beispiele: "Wenn mein Mann unruhig wird und nach Hause will, obwohl wir zu Hause sind, dann hilft es nicht, ihn zu korrigieren. Besser ist es, auf sein Gefühl einzugehen und ihn eventuell abzulenken."

  4. Zeigen Sie, was hilft: "Meine Mutter reagiert besonders gut, wenn man sie direkt anschaut und langsam spricht. Sie braucht Zeit, um zu verstehen."

  5. Bitten Sie um Verständnis, nicht um Mitleid: "Ich erzähle dir das, weil ich möchte, dass du verstehst, warum unser Besuch vielleicht anders verlaufen wird als früher."

Die Kunst, Grenzen zu setzen

In meiner Beratungspraxis erlebe ich oft, dass Angehörige sich zu Erklärungen verpflichtet fühlen. Doch es ist auch wichtig, Grenzen zu setzen. Nicht jeder verdient detaillierte Einblicke in Ihre Situation. Manchmal genügt ein einfaches: "Mein Vater hat Demenz und reagiert manchmal anders, als man es erwartet. Ich würde mich freuen, wenn du darauf Rücksicht nehmen könntest."

Besonders wichtig: Sie sind nicht verpflichtet, Kommentare wie "Aber er sieht doch ganz normal aus" oder "Meine Tante hat das auch und die ist viel schlimmer dran" zu beantworten. Ein freundliches "Jede Demenz verläuft anders" reicht völlig aus.


Wie beziehe ich meine Enkelkinder mit ein?

Kinder haben oft einen intuitiven Zugang zu Menschen mit Demenz. Sie urteilen weniger und akzeptieren Veränderungen leichter. Dennoch brauchen auch sie altersgerechte Erklärungen:

"Oma hat eine Krankheit im Gehirn. Das ist wie ein Computer, bei dem manche Programme nicht mehr richtig funktionieren. Sie vergisst manchmal Dinge oder erkennt Menschen nicht sofort. Aber sie spürt immer noch, wenn jemand lieb zu ihr ist."

Selbstfürsorge nicht vergessen

Als Angehörige werden wir oft zu Übersetzern zwischen dem erkrankten Menschen und der Außenwelt. Das kostet Kraft. Achten Sie auf sich selbst und überlegen Sie, welche Erklärungen wirklich notwendig sind und welche nicht.

Manchmal hilft es auch, Informationsmaterial zu nutzen. Das entlastet Sie und gibt Ihnen den Raum, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: die Beziehung zu Ihrem erkrankten Angehörigen.


Brücken bauen durch Offenheit

Die Erklärung von Verhaltensänderungen bei Demenz ist nicht nur eine Informationsvermittlung, sondern auch eine Einladung an andere, Teil eines unterstützenden Netzwerks zu sein. Durch offene, einfühlsame Gespräche können wir Brücken bauen und dazu beitragen, dass Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen nicht in die Isolation geraten.

Denken Sie daran: Jedes Gespräch, das Sie führen, trägt dazu bei, das Verständnis für Demenz in unserer Gesellschaft zu verbessern. Und das ist ein Geschenk, das weit über Ihre persönliche Situation hinausreicht.



 
 
 

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