Tag 62: Beziehungswandel: Wenn Demenz die gemeinsame Geschichte neu schreibt
- leyroutz
- 27. März
- 1 Min. Lesezeit
Die Demenzdiagnose eines nahestehenden Menschen markiert oft den Beginn einer tiefgreifenden Beziehungstransformation. Plötzlich verändert sich das Gleichgewicht von Geben und Nehmen, von Verantwortung und Autonomie.
Viele pflegende Angehörige berichten von einem komplexen Gefühlsspektrum:
Trauer über den schleichenden Verlust der vertrauten Person
Freude über neue, manchmal überraschend intensive Momente der Verbundenheit
Schuldgefühle bei eigener Ungeduld oder Erschöpfung
Ambivalenz zwischen Fürsorgewunsch und dem Bedürfnis nach eigenem Leben
Die Veränderung der Rollen – wenn Kinder für ihre Eltern sorgen, wenn der Partner zum Betreuer wird – fordert beide Seiten heraus. Die gemeinsame Biographie wird nicht nur erinnert, sondern aktiv weitergeschrieben, unter veränderten Vorzeichen.
Reflexionsgedanken:
Als Gerontopsychologin begleite ich Menschen durch diese Beziehungstransformationen und stelle fest: Wo es gelingt, nicht nur den Verlust zu betrauern, sondern auch die neue Beziehungsqualität wertzuschätzen, können besondere Momente der Nähe entstehen. Dabei ist es wichtig, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein. Die Demenzerkrankung verändert nicht nur den Betroffenen, sondern auch uns als Begleitende. Manchmal wachsen wir über uns hinaus, manchmal stoßen wir an unsere Grenzen. Beides darf sein.

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