Tag 85: Ein persoenliches Wort zu Ostern: Von Herzen für Herzen
- leyroutz
- vor 4 Minuten
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Liebe pflegende Angehörige,
in dieser besonderen Zeit des Frühlings und der Auferstehung möchte ich mich mit einem herzlichen Gruß an Sie wenden. Nach vielen Jahren als Gerontopsychologin und unzähligen Begegnungen mit Familien, die den Weg der Demenz gemeinsam gehen, berührt mich Ihr Engagement gerade zu dieser österlichen Zeit besonders tief.
Der Frühling mit seinem Erwachen, den ersten zarten Knospen und der wiederkehrenden Lebenskraft spiegelt etwas von dem wider, was auch Sie täglich erleben: selbst wenn vieles zu vergehen scheint, gibt es immer wieder Momente des Aufblühens und der Verbundenheit.
Ostern erinnert uns an die Hoffnung, die selbst in den dunkelsten Stunden bestehen bleibt. Wie die Ostergeschichte von Wandlung und Neuanfang erzählt, so erleben auch Sie täglich kleine Wunder der Verwandlung – vielleicht in einem plötzlichen Lächeln Ihres Angehörigen oder einem Moment unerwarteter Klarheit.
Ich habe tiefsten Respekt für Ihre tägliche Arbeit, Ihre Liebe und Ihr Durchhaltevermögen. Immer wieder sehe ich, wie sehr Sie an Ihre Grenzen gehen und manchmal darüber hinaus – aus Liebe, Pflichtgefühl, Verbundenheit.
Was ich Ihnen in dieser Frühlingszeit besonders mitgeben möchte: In all der Fürsorge für Ihren Angehörigen dürfen und sollen Sie auch gut für sich selbst sorgen. Diese Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern die notwendige Basis für einen nachhaltigen Pflegeweg – wie ein Garten, der nur blühen kann, wenn er auch sorgsam gepflegt wird.
Die Demenz verändert nicht nur das Leben des Betroffenen, sondern das gesamte Familiensystem. Es ist ein gemeinsamer Weg – mit Höhen und Tiefen, mit Tränen und Lachen, mit Verzweiflung und kostbaren Momenten tiefer Verbundenheit.
Was mich in all den Jahren am meisten berührt hat, sind die vielen kleinen und großen Momente echter menschlicher Begegnung, die trotz aller kognitiven Einschränkungen möglich bleiben. Die Hand, die plötzlich nach der Ihren greift. Der klare Blick inmitten der Verwirrung. Das gemeinsame Lachen über eine Situation. Die unvermittelte Äußerung tiefer Dankbarkeit.
Diese Momente sind wie das Osterlicht, das die Dunkelheit erhellt. Sie zeigen uns, dass hinter der Demenz immer noch der geliebte Mensch steht – verändert, ja, aber in seinem Kern, seiner Essenz noch immer präsent und verbunden.
Lassen Sie mich schließen mit einem Gedanken, den eine 84-jährige Frau mit beginnender Demenz mir einmal sagte und der mich seitdem begleitet: "Ich verliere vieles – Worte, Namen, manchmal weiß ich nicht mehr, was gestern war. Aber das Gefühl der Liebe, das vergesse ich nicht. Das bleibt." Diese Worte erinnern mich an die Osterbotschaft: Was wirklich zählt, bleibt bestehen – über alle Veränderungen hinweg.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein hoffnungsvolles Osterfest, viel Kraft für Ihren Weg, Momente der Ruhe und Freude inmitten des erwachenden Frühlings, und vor allem die Gewissheit: Was Sie tun, macht einen Unterschied – jeden Tag.
Von Herzen
Christine Leyroutz

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